EU-Streitbeilegungsrichtlinie

Prof. Dr. rer. pol. W. Edelfried Schneider

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Eine durchgreifende gemeinsame Steuerpolitik in der europäischen Union ist nicht zu erkennen. Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass eine explizite Harmonisierung der Steuern und der Steuerpolitik in den EU-Verträgen nicht vorgesehen ist.

Wesentlich durchschlagskräftiger sind die Maßnahmen der OECD, weil sich hier die Mitgliedsstaaten vertraglich zur Zusammenarbeit verpflichtet haben. Die sogenannten BEPS-Actions haben zwischenzeitlich entscheidende Fortschritte gemacht, insbesondere was die Anwendung der Verrechnungspreisrichtlinien angeht.

In diesem Umfeld ist es positiv zu werten, dass am 1. Juli 2019 die EU-Directive on tax dispute resolution (2017/1852) in Kraft getreten ist. Die Richtlinie stammt bereits vom 10.10.2017.

Deutschland setzt die Richtlinie um mit dem sogenannten EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz (EU-DBA-SBG). Wegen des verzögerten Gesetzgebungsverfahrens soll dieses Gesetz rückwirkend wie die Richtlinie zum 1. Juli 2019 in Kraft treten.

Erklärtes Ziel der EU ist es, die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu verbessern, weil die bisher bestehenden Verfahren erhebliche Unzulänglichkeiten haben, insbesondere hinsichtlich der Einleitung der Verfahren, aber auch hinsichtlich eines befriedigenden Abschlusses. So ist es keineswegs gewährleistet, dass bei Durchführung eines Verständigungsverfahrens nach DBA die Doppelbesteuerung beseitigt wird. Insbesondere dann nicht, wenn das DBA keinen Einigungszwang enthält.

Entsprechend positiv ist hervorzuheben, dass es nunmehr mit dem Schiedsverfahren nach der Richtlinie zu einer beschleunigten Einigung kommen kann. Negativ ist jedoch zu vermerken, dass es sich um ein sehr komplexes Verfahren handelt, das einen erheblichen ad-

ministrativen Aufwand und entsprechend hohe Kosten verursacht.

Das Verfahren ist aufgeteilt in drei Phasen. Der Steuerpflichtige hat drei Jahre nach Eintritt der Doppelbesteuerung Zeit, einen entsprechenden Antrag an die involvierten Mitgliedstaaten zu stellen (Step 1: The Complaint), daran schließt sich an eine zweijährige Phase der gegenseitigen Erörterung (Step 2: Mutual Agreement Procedure). Kommt es hier nicht zu einer Einigung, so kommt es schließlich zu einem sogenannten Kommissionsverfahren zur Beilegung (Step 3: Dispute Resolution Procedure). Das neue Verfahren ist anzuwenden auf Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen. Wenn die beteiligten Staaten damit einverstanden sind, kann das Verfahren auch auf frühere Jahre angewendet werden.

Die EU geht derzeit davon aus, dass rund 2000 Verständigungsverfahren anhängig sind. Anders als die OECD hat man hierüber keine genauen Statistiken. Eine Bewertung und Revision der Verfahren nach der Streitbeilegungsrichtlinie ist für das Jahr 2024 geplant.

Professor Dr. W. Edelfried Schneider

Wirtschaftsprüfer

Past President Accountancy Europe

 

Quellen:

 1 https://www.oecd.org/tax/beps/beps-actions/, zuletzt abgerufen am 20.11.2019

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32017L1852, zuletzt abgerufen am 20.11.2019

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/EU-DBA-SBG/0-Gesetz.html, zuletzt abgerufen am 20.11.2019

Siehe https://www.accountancyeurope.eu/wp-content/uploads/190912-tax-dispute-mechanism-factsheet.pdf

http://www.oecd.org/tax/dispute/mutual-agreement-procedure-statistics.htm, zuletzt abgerufen am 20.11.2019

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