MiCA – erste Krypto-Regulierung in der EU!

Prof. Dr. rer. pol. W. Edelfried Schneider

19.07.2022

MiCA – erste Krypto-Regulierung in der EU!

In der Kolumne DSA – Digital Services Act: Mehr Sicherheit und Verantwortung bei digitalen Diensten hatte ich berichtet, dass das EU-Parlament den Entwurf des Digital Services Act (DSA) verabschiedet hat. Nunmehr hat am 30. Juni 2022 die finale Fassung dieser wichtigen EU-Verordnung das Parlament passiert und die EU-Abgeordneten haben sogleich ein weiteres Projekt des sogenannten Digital Finance Package (vorgelegt von der EU-Kommission 2020) in Angriff genommen.

MiCA steht für „Markets in Crypto-Assets“.

Die französische Regierung wollte während ihrer EU-Ratspräsidentschaft eine „wegweisende Gesetzgebung“ in diesem aufkommenden Wirtschaftssektor auf den Weg bringen und zugleich „die Ära des Wilden Westens in der Krypto-Branche“ beenden, so der französische Finanzminister Le Maire. Rechtstechnisch handelt es sich um eine EU-Verordnung, die also unmittelbar geltendes Recht wird. Der offizielle Arbeitstitel ist: Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on Markets in Crypto-assets, and amending Directive (EU) 2019/1937 (2019/1937 = Whistleblower-Richtlinie).

Die MiCA-Verordnung rückt die Krypto-Währungen an den Wertpapiermarkt heran und unterwirft den Handel und Vertrieb von Crypto-Assets wertpapierähnlichen Regelungen. Künftig brauchen alle in der EU tätigen Krypto-Firmen eine Lizenz; es werden außerdem Strafen für Insiderhandel und Marktmanipulation vorgesehen. Soweit es sich um Stablecoins handelt – also Digitalwährungen, die zum Beispiel fix an den Dollarkurs gekoppelt sind –,  wird eine komplette Deckung durch Einlagen vorgesehen.

Dienstleister sind künftig haftbar für die Assets ihrer Kunden; jedoch sind Verluste durch Spekulation selbstverständlich nicht gedeckt. Nach wie vor drohen Totalverluste und kriminelle Schädigungen. Zur Bekämpfung der Geldwäsche müssen Transfers von Krypto-Währungen künftig wie Banküberweisungen behandelt werden, allerdings mit Ausnahme von Bagatellüberweisungen unter einem Wert von 1.000 EUR. Direkte Transfers ohne Einschaltung von Dienstleistern unterliegen nicht der Regulierung.

Die EU-Gremien sind sich offensichtlich im Klaren darüber, dass sie hier schwieriges Neuland betreten. Die Kommission soll innerhalb von 18 Monaten eine Bewertung abgeben, wie die Umsetzung von MiCA weiter vorangetrieben werden kann und welche Bereiche noch in die Regulierung einzubeziehen sind. Auch sollen die stark kritisierten Umweltkosten zur Schaffung von Krypto-Währungen und anderen Crypto-Assets weiter untersucht werden.

Aufgrund der höchst komplexen Zusammenhänge wird man sagen, dass es sich bei MiCA nur um einen ersten Schritt handeln kann, dessen Auswirkungen und Fortentwicklungen ständig zu beobachten sind. Die erforderliche Zeit zur Implementierung der Vorschriften schätzt AFME auf mehrere Jahre.

Mit etwas Abstand stellt sich m.E. die Frage, warum überhaupt eine solche Regulierung notwendig ist. Wäre es nicht viel besser gewesen, wie zum Beispiel auch in anderen Staaten (China, Algerien, Ägypten, Tunesien, Marokko, Irak, Oman etc.) die Produktion und den Handel sowie den Transfer von Krypto-Währungen komplett zu verbieten? Angesichts der Energie- und Umweltkosten zur Herstellung der Coins, des hohen kriminellen Elements – insbesondere im Bereich der Geldwäsche und der Computerkriminalität – sowie dem doch eher verschwindend kleinen Verbraucherinteresse normaler Mitbürger, sind die Regulierungskosten bei den nationalen und supranationalen Behörden (insbesondere ESMA und EBA) nicht gerechtfertigt, zumal ja noch gar nicht geklärt ist, ob es sich bei digitalen Währungen um Geld im funktionalen Sinne handelt.

Dem wird entgegengehalten, ein Verbot der Krypto-Währungen wirke innovationsschädlich und beeinträchtigte Europa als Wirtschaftsstandort.

Dazu kann man nur sagen, dass offenbar eine solche Einschätzung der Komplexität der Krypto-Währungen geschuldet ist. Ein Verbot der Crypto-Assets hätte keineswegs zur Folge, dass die dahinterliegende Technologie der Blockchains unnütz würde. Es besteht weitgehend Einigkeit, dass diese Technologie auch mit Unterstützung künstlicher Intelligenz weiterentwickelt werden soll und dass man hier Anwendungsbereiche – etwa im Vertrags- oder Gesundheitswesen, im Identitätsmanagement, beim Ausstellen von Zertifikaten, bei digitalen Wahlen – findet, die nichts mit dem höchst volatilen und betrugsanfälligen Geschäft der Krypto-Währungen zu tun haben.

In diesem Zusammenhang sei abschließend auf den sogenannten Terra Crash hingewiesen, der in den vergangenen Wochen etwa 50 Milliarden Dollar an Werten vernichtete. Terra wollte einen Dollar gedeckten Stablecoin UST auflegen, was offensichtlich nicht funktioniert hat. Vielleicht auch deshalb nicht, weil die EU-Regelung bevorstand und viele Marktteilnehmer noch aus der Sache ausgestiegen sind – dies ist allerdings nur eine Vermutung des Verfassers.

Prof. Dr. rer. pol. W. Edelfried Schneider

Diplom-Volkswirt Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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